Ist schon wieder Advent? Und wie soll das dieses Jahr gehen? Kein Weihnachtsmarkt, keine Weihnachtsfeiern mit Kollegen, Freunden, dem Sportclub? Keine Thailandreise, bitte auch kein Skiurlaub? Shoppen mit Maske, am besten noch alleine? Was ist denn das für ein komisches Weihnachten? Ach ja, die Familie darf sich treffen. Wie schön, wenn das ein Halt ist und gelingt. Ein Stück „Himmel auf Erden“. Schwierig war es aber schon immer, wo Familien zerstritten sind, sich nichts mehr zu sagen haben, Konflikte nicht gelöst werden können. Und das soll jetzt unsere Hoffnung sein? Weihnachten wird zu etwas hochstilisiert, das es nie war: ein harmonisches Familienfest mit lauter glücklichen Menschen, die sich über die Generationen hinweg gut verstehen. Erwartungen wachsen ins Unrealistische, Enttäuschung vorprogrammiert.

Ja, es ist schon wieder Advent. Wartezeit auf Weihnachten. Wen oder was erwarten wir eigentlich? Das Christkind? Den Weihnachtsmann? Die Schwiegermutter, die Kinder, den Expartner? Oder sollten wir lieber nichts erwarten? Vielleicht werden wir auch gar niemanden erwarten und Weihnachten einsam verbringen?

Ein uneheliches Kind einer sehr jungen Mutter, auf der Flucht vor mächtigen Kindermördern, obdachlos in einem kalten Stall in eine Futterkrippe gelegt, hilflos in menschliche Obhut gegeben – das soll unsere Hoffnung sein? 

Ein Mann geworden, machte dieses Kind von sich reden und tut es bis heute: er heilte Kranke, weckte Verstorbene auf, warf liebgewordene Traditionen über den Haufen, war authentisch, liebevoll oder konfrontativ, offen für alle Menschen. Er behauptete von sich, der Christus zu sein, der Messias, auf den das jüdische Volk wartete. Später wurde er mit Verbrechern gekreuzigt, starb und wurde begraben. Nach dem dritten Tag begegneten ihm über 500 verschiedene Zeugen, die mit ihm sprachen, aßen und tranken. 

Was halten wir von ihm? 

Das romantische Christkindlein, eine nette Weihnachtsvorstellung, die mit unserem Leben nichts zu tun hat?

Der Christus, der Gottessohn, der für uns Leid und Schuld getragen hat und uns den Weg vorbereitet zu unserem Vater im Himmel?

Möge diese Advents- und Weihnachtszeit, die stiller und einsamer sein wird als sonst, diese Entscheidung in uns reifen lassen. 

Vor ziemlich genau 400 Jahren dichtete Georg Weißel mitten im dreißigjährigen Krieg ein Adventslied, das wir heute noch singen.

Ob wir einstimmen können? Lernen, durch die offene Tür zu treten? Jesus, dem Christus unser ratloses und verwundetes Herz hinzuhalten und bei ihm Geborgenheit zu finden?         

Ob wir ihm unsere Herzenstür öffnen können? Aushalten lernen, dass er eintritt und Licht in unser Leben bringt?

Ob wir anderen die Tür zu unserem Leben öffnen können? Liebe und Licht weitergeben, die wir geschenkt bekamen?

In einem Schneesturm suchte der junge evangelische Pfarrer Schutz im Dom. Er erzählt:

„Der freundliche und humorvolle Küster öffnete uns die Tür des Domes mit einer tiefen Verbeugung und sagte: ‚Willkommen im Hause des Herrn! Hier ist jeder in gleicher Weise willkommen, ob Patrizier oder Tagelöhner! Sollen wir nicht hinausgehen auf die Straßen, an die Zäune und alle hereinholen, die kommen wollen? Das Tor des Königs aller Könige steht jedem offen. … Da kamen mir die ersten Verse in den Sinn:

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
Es kommt der Herr der Herrlichkeit,
Ein König aller Königreich,
Ein Heiland aller Welt zugleich,
Der Heil und Leben mit sich bringt;
Derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
Mein Schöpfer reich von Rat.

Er ist gerecht, ein Helfer wert;
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
Sein Königskron ist Heiligkeit,
Sein Zepter ist Barmherzigkeit;
All unsre Not zum End er bringt,
Derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
Mein Heiland groß von Tat.

O wohl dem Land, o wohl der Stadt,
So diesen König bei sich hat.
Wohl allen Herzen insgemein,
Da dieser König ziehet ein.
Er ist die rechte Freudensonn,
Bringt mit sich lauter Freud und Wonn.
Gelobet sei mein Gott,
Mein Tröster früh und spat.

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit,
Eu’r Herz zum Tempel zubereit‘.
Die Zweiglein der Gottseligkeit
Steckt auf mit Andacht, Lust und Freud;
So kommt der König auch zu euch,
Ja, Heil und Leben mit zugleich.
Gelobet sei mein Gott,
Voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
Meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
Dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
Den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
Sei ewig Preis und Ehr.“